dimanche 24 février 2008

der Hütata

Über den Steinbrüchen von St. Nabor stemmt ein Felsquader seine schwarze Stirn gegen die Ebene vor: Der Bockstein, wo einst die Heiden ihre Opfer brachten; dort haust im finstern Tannenwald der Hütata. Vielen ist er begegnet und seinen gellenden Jagdruf, wenn er in stürmischer Herbstnacht das Wühtiheer (wütendes Heer) durch die Lüfte führt, hören die Leute weit um in den Thälern wiederhallen: „Hütata! Hütata!“

Die Holzhauer kennen sein Gebiet und wissen Stein und Stamm, wo es beginnt und endet. Diese Gerechtsame meidet und flieht, wer sich in dunkelnder Walde verspätet. Denn kaum hat er den Bereich betreten, so steht lautlos an seiner linken Seite eine finstere Riesengestalt in langem schwarzen Mantel, den schwarzen Schlapphut tief in die Augen gezogen. Ist der erschrockene Wanderer klug, so würgt er sein Grauen tapfer hinab und weiter, als ob er den Unhold nicht sähe. Hat ihn der Geist ein Stück Weges begleitet so verschwindet er wieder, lautlos, wie er gekommen. Doch wehe dem den finsteren Riesen beschreit! Noch hat der das Wort nicht vollendet, so duckt sich der Spuk näh zu ihm nieder und wem der sein „Hütata“ durch die hohle Hand ins Ohr gellt, der bleibt taub, viele Wochen lang.

Einst traf der Blocksteingeist einen alten Mann, der hatte Holz im Walde gestohlen und trug es auf dem Rücken heim. Den zwang er, seine Tracht abzusetzen und ihn selbst auf die Schultern zu nehmen. Als der Riese von Schritt zu Schritt schwerer wurde, fasste den Alten die Angst, dass er das Gespenst abwerfen wollte. Da riss ihm der Blockstein mit einem Griff das linke Auge aus und verschwand. Der Alte hat noch lange Jahre einäugig zu Ottrott gelebt und haben ihn viele so gekannt und seine Geschichte von im selbst gehört.

Erklärung des Autors

Der Hütata ist das lebendigste Bild, das sich im Elsass von Wotan erhalten hat. Der schwarze lange Mantel, der Schlapphut tief im Auge, die (hier übertragene) Einäugigkeit, die Führerschaft im Wilden Heer, endlich der Ruf „Hütata“ (im Oberland „Huhdada“ und „Hussdada“) sind des Woden Erb und Merkmal noch heut vom Po bis an die Nordsee. Als er den Enkeln zum Höllenfürsten ward, der den Vätern die liebste Asengestalt, der Gott so recht noch ihrem Herzen gewesen, da ist er den Dienern der neuen Lehre Schritt für Schritt kämpfend nachgezogen und aus der Zeit stossen wir hin und wieder an an einer der ältesten romanischen auf des wilden Jägers Spur, wie im Beispiel, das wir in dem Dorlisheimer Fries geben. Aber wo der Herbstwind durch Tann und Felskluft heult, ist noch heute sein Reich, soweit für eine kurze Nacht voll Träumen und Ängsten sein Jagdruf hallt: „Hütata!“

Erzählt von Wilhelm Scheuermann in „Neuer Elsässer Bilderbogen“ n.2

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